Das Internet ist aus dem modernen Leben nicht mehr wegzudenken. Es bietet Informationen, Dienstleistungen und Unterhaltungsangebote für jedermann – oder sollte es zumindest tun. Für viele Menschen mit Behinderungen ist das Netz jedoch immer noch voller Barrieren. Als Webseitenbetreiber in der DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) stehst du in der Verantwortung, deine Website so zu gestalten, dass sie für alle zugänglich ist. In diesem Blogbeitrag erfährst du, welche Anforderungen es gibt, welche spezifischen Richtlinien in der DACH-Region gelten und wie du mit WordPress eine barrierefreie Website umsetzen kannst.
Warum Barrierefreiheit im Web wichtig ist
Barrierefreiheit im Web bedeutet, dass deine Website so gestaltet ist, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen problemlos genutzt werden kann. Dazu gehören Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen, motorischen Einschränkungen oder kognitiven Beeinträchtigungen. Oft werden Barrieren wie unzugängliche Navigation, schwer lesbare Texte oder nicht kompatible Formate für assistive Technologien übersehen.
Warum du dich um Barrierefreiheit kümmern solltest:
- Gesetzliche Verpflichtungen: In der DACH-Region gibt es klare Vorschriften, die Barrierefreiheit vorschreiben. Je nach Land können dir Strafen oder Klagen drohen, wenn du deine Website nicht entsprechend gestaltest.
- Größere Zielgruppe: Rund 15 % der Weltbevölkerung leben mit einer Behinderung. Durch Barrierefreiheit erweiterst du dein Publikum erheblich. Eine barrierefreie Website erreicht nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch ältere Menschen oder Personen mit vorübergehenden Einschränkungen wie gebrochene Arme oder Augenprobleme.
- Verbesserte Nutzerfreundlichkeit: Barrierefreie Websites sind für alle besser nutzbar. Das bedeutet klare Strukturen, verständliche Inhalte und einfache Navigation – all das kommt auch Menschen ohne Einschränkungen zugute.
- Suchmaschinenoptimierung (SEO): Barrierefreie Websites sind oft suchmaschinenfreundlicher. Indem du Inhalte klar strukturierst und HTML-Tags korrekt nutzt, verbesserst du die Sichtbarkeit deiner Seite in Suchmaschinen wie Google. Besonders Alternativtexte für Bilder und semantisch korrekte HTML-Strukturen sind hier wichtig.
- Ein Zeichen für Inklusion: Eine barrierefreie Website zeigt, dass dir Inklusion und Zugänglichkeit am Herzen liegen. Sie stärkt dein Image und sorgt dafür, dass sich jeder Nutzer willkommen fühlt.
Gesetzliche Anforderungen und Richtlinien für Barrierefreiheit in der DACH-Region
In der DACH-Region gibt es spezifische gesetzliche Vorgaben zur Barrierefreiheit im Web. Die Richtlinien basieren weitgehend auf den internationalen Standards der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), sind jedoch in jedem Land unterschiedlich ausgestaltet.
Deutschland: Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0)
In Deutschland wird die Barrierefreiheit durch die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) geregelt. Diese Vorschrift richtet sich an Websites und mobile Anwendungen von öffentlichen Einrichtungen. Die BITV 2.0 basiert auf den WCAG 2.1 und teilt Barrierefreiheit in vier Hauptprinzipien:
- Wahrnehmbarkeit: Inhalte müssen für alle Nutzer, auch für Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen, wahrnehmbar sein. Zum Beispiel müssen Bilder mit alternativen Texten versehen werden, die von Screenreadern gelesen werden können.
- Bedienbarkeit: Alle Funktionen der Website müssen für Nutzer ohne Maus bedienbar sein. Das bedeutet, dass die Seite vollständig mit der Tastatur navigiert werden kann.
- Verständlichkeit: Inhalte und Navigation müssen einfach verständlich und logisch strukturiert sein. Es sollte keine unnötig komplizierten Formulierungen oder verwirrende Bedienungsoberflächen geben.
- Robustheit: Die Website sollte so entwickelt sein, dass sie von verschiedenen Geräten und Hilfsmitteln – wie Screenreadern oder Sprachsteuerung – problemlos interpretiert werden kann.
Öffentliche Institutionen sind in Deutschland gesetzlich verpflichtet, diese Anforderungen zu erfüllen. Auch für private Unternehmen wird dies zunehmend relevant, um mögliche Klagen zu vermeiden und ein inklusives Webangebot zu schaffen.
Österreich: Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGStG)
In Österreich regelt das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGStG) die Barrierefreiheit von Websites. Hier müssen vor allem öffentliche Einrichtungen barrierefrei sein, aber auch private Unternehmen sollten die WCAG 2.1 beachten. Bei Verstößen gegen die Barrierefreiheit können in Österreich Klagen eingereicht werden, was im schlimmsten Fall zu Schadensersatzzahlungen führt.
Schweiz: Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG)
In der Schweiz verpflichtet das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) öffentliche Institutionen, ihre Webseiten barrierefrei zu gestalten. Auch hier orientieren sich die gesetzlichen Anforderungen an den WCAG 2.1. Obwohl es für private Unternehmen in der Schweiz keine direkte Verpflichtung gibt, empfiehlt es sich, Barrierefreiheit von Anfang an zu berücksichtigen, um mögliche Nachteile zu vermeiden.
WCAG 2.1: Der internationale Standard für Barrierefreiheit
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) bieten eine klare Anleitung zur Gestaltung barrierefreier Websites. Die aktuellste Version, die WCAG 2.1, umfasst vier grundlegende Prinzipien:
- Wahrnehmbarkeit: Inhalte müssen für alle Sinne zugänglich sein. Beispielsweise sollten visuelle Inhalte durch alternative Texte für sehbehinderte Nutzer beschrieben werden.
- Bedienbarkeit: Alle Funktionen und Navigationsmöglichkeiten der Website müssen mit der Tastatur nutzbar sein.
- Verständlichkeit: Die Inhalte und die Navigation der Seite sollten einfach und intuitiv verständlich sein.
- Robustheit: Die Inhalte müssen so programmiert sein, dass sie von verschiedenen Endgeräten und Hilfsmitteln, wie z.B. Screenreadern, problemlos verarbeitet werden können.
Durch die Einhaltung dieser Richtlinien kannst du sicherstellen, dass deine Website für alle Nutzer zugänglich ist – und das unabhängig von deren Fähigkeiten oder technischen Hilfsmitteln.
Umsetzung der Barrierefreiheit in WordPress
WordPress bietet als flexibles und beliebtes Content-Management-System (CMS) hervorragende Möglichkeiten, eine barrierefreie Website zu erstellen. Dank der großen Auswahl an Themes und Plugins kannst du viele Anforderungen der WCAG 2.1 umsetzen, ohne programmieren zu müssen.
1. Wahl eines barrierefreien Themes
Ein barrierefreies Theme ist der erste Schritt, um deine Website zugänglich zu gestalten. Achte darauf, dass das Theme vollständig navigierbar ist, einen guten Kontrast zwischen Text und Hintergrund bietet und die richtige semantische HTML-Struktur verwendet.
Beispiele für barrierefreie WordPress-Themes:
- Twenty Twenty-One: Das Standard-Theme von WordPress wurde mit einem Fokus auf Barrierefreiheit entwickelt und entspricht den WCAG 2.1.
- Astra: Astra ist ein schnelles, leichtgewichtiges Theme, das barrierefrei gestaltet werden kann. Es bietet viele Anpassungsmöglichkeiten und ist sehr benutzerfreundlich.
2. Nutzung von Plugins zur Barrierefreiheit
WordPress bietet zahlreiche Plugins, die dir helfen können, die Barrierefreiheit deiner Website zu verbessern. Hier einige empfehlenswerte Tools:
- WP Accessibility: Dieses Plugin fügt hilfreiche Funktionen hinzu, wie z.B. Sprunglinks und die Möglichkeit, den Kontrast zu verbessern oder Schriftgrößen anpassbar zu machen.
- Accessibility Checker: Dieses Plugin überprüft deine Seiten auf Barrierefreiheit und gibt dir konkrete Vorschläge zur Verbesserung.
- Alt Text Tools: Damit stellst du sicher, dass alle Bilder auf deiner Website mit alternativen Texten versehen sind, was besonders für Menschen mit Sehbehinderungen wichtig ist.
Barrierefreie Inhalte erstellen
Neben der technischen Umsetzung ist es ebenso wichtig, die Inhalte deiner Website barrierefrei zu gestalten. Ein gutes Design bringt wenig, wenn der Inhalt für viele Nutzer schwer zugänglich oder unverständlich bleibt.
Textgestaltung
- Einfache Sprache: Vermeide komplizierte Sätze und Fachbegriffe. Nutze klare, direkte Sprache, um sicherzustellen, dass deine Inhalte für alle verständlich sind.
- Strukturierte Inhalte: Verwende Überschriften (H1, H2, H3), um den Text klar zu strukturieren und lesbar zu machen. Screenreader-Nutzer können so leichter durch den Inhalt navigieren.
- Alt-Texte für Bilder: Vergiss nicht, für jedes Bild auf deiner Website aussagekräftige Alternativtexte (Alt-Texte) hinzuzufügen. Diese werden von Screenreadern vorgelesen und ermöglichen es sehbehinderten Nutzern, die Bildinhalte zu verstehen.
Multimediale Inhalte
- Untertitel für Videos: Sorge dafür, dass Videos auf deiner Website immer mit Untertiteln versehen sind. Das ist nicht nur für hörgeschädigte Nutzer wichtig, sondern verbessert auch die Zugänglichkeit insgesamt.
- Transkripte für Audioinhalte: Stelle sicher, dass für alle Audioinhalte (z.B. Podcasts) Transkripte verfügbar sind, damit diese auch von Nutzern ohne Hörvermögen gelesen werden können.
Barrierefreie Navigation
Eine gut strukturierte Navigation ist entscheidend für die Barrierefreiheit deiner Website. Nutzer, die auf assistive Technologien wie Screenreader oder nur die Tastatur angewiesen sind, benötigen eine klare und intuitive Struktur.
- Sprunglinks: Diese Links ermöglichen es Nutzern, direkt zum Hauptinhalt der Seite zu springen, ohne durch lange Menüs navigieren zu müssen.
- Sitemap: Eine gut gestaltete Sitemap erleichtert die Navigation und bietet einen klaren Überblick über die Seitenstruktur.
- Breadcrumbs: Breadcrumbs (Brotkrumen-Navigation) zeigen den Nutzern, wo sie sich auf der Website befinden und helfen, sich besser zu orientieren.
Barrierefreiheit testen
Bevor du deine Website veröffentlichst, solltest du sie gründlich testen. Es gibt verschiedene Tools und Methoden, mit denen du überprüfen kannst, ob deine Seite barrierefrei ist:
- WAVE: Ein kostenloses Tool zur Überprüfung der Barrierefreiheit, das dir detaillierte Rückmeldungen zu möglichen Problemen gibt.
- Lighthouse: In den Chrome Developer Tools integriert, bietet dieses Tool einen umfassenden Test zur Barrierefreiheit und schlägt konkrete Verbesserungen vor.
- Screenreader-Tests: Teste deine Website mit einem Screenreader wie NVDA oder JAWS, um sicherzustellen, dass alle Inhalte zugänglich und korrekt strukturiert sind.
Einblicke in die Praxis: Erfolgreiche Umsetzungen
Zahlreiche Unternehmen und Institutionen in der DACH-Region setzen bereits auf barrierefreie Webgestaltung. Ein Beispiel ist die Website der Stadt München, die vorbildlich die BITV 2.0 umsetzt. Besucher können auf eine klare Struktur, gut lesbare Inhalte und eine einfache Bedienung zugreifen – egal, ob sie eine Behinderung haben oder nicht. Ebenso hat die ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) ihre Website barrierefrei gestaltet, um sicherzustellen, dass Reisende mit Einschränkungen problemlos alle Informationen und Buchungsoptionen nutzen können.
Fazit
Barrierefreiheit im Web ist eine wichtige Verpflichtung – sowohl aus rechtlicher als auch aus ethischer Sicht. Wenn du WordPress als CMS nutzt, hast du eine hervorragende Grundlage, um die Barrierefreiheitsanforderungen in der DACH-Region zu erfüllen. Mit den richtigen Tools, Themes und Plugins kannst du sicherstellen, dass deine Website für alle Menschen zugänglich ist. Durch die Umsetzung der WCAG 2.1-Richtlinien erreichst du nicht nur eine größere Zielgruppe, sondern verbesserst auch das Nutzererlebnis und stärkst dein Image als inklusiver und verantwortungsbewusster Webseitenbetreiber.
Mit Barrierefreiheit machst du das Internet ein Stück besser – für alle.
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